Geschichte der Schützengilde Reutlingen 1290 e.V. – Der älteste Schützenverein in Baden-Württemberg
Unser Schützenverein in Reutlingen hat eine lange Tradition. Die Geschichte des Vereins und Entwicklung der Schützengilde lässt sich fast lückenlos aufzeichnen. Lediglich aus dem 18. Jahrhundert gibt es keine Daten, da zu dieser Zeit das Vereinsleben völlig ruhte. Zu Ende des 13. Jahrhundert nannte sich die Schützengilde, wie aus einer ausführlichen Schiessordnung hervorgeht, „Reutlinger Armbrustschützengesellschaft“. Bereits in den ersten Jahren nach der Gründung gab es Übungsschießen am Sonntag, wozu der Rat der Stadt als Preis „ein paar Hosen“ stiftete. Außerdem fanden bereits große Preisschissen unter Mitwirkung fremder Schützen statt, die eine Art Volksfest mi Belustigungen, Verkaufsbuden und Tanz waren.
In der Mitte des 15. Jahrhundert kam zum Armbrustschiessen das Büchsenschiessen, urkundlich belegt durch eine dafür erlassene Schiessordnung. Diese neue Schiessart brachte der Schützengilde neuen Aufschwung, zumal nun auch ein intensiver Kontakt zu auswärtigen Schützengesellschaften der Reichsstädte und der landesherrlichen Hoheit unterstehenden Städte aufgenommen wurde.
Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) brachte für die Gilde in der Geschichte als Schützenverein den ersten Stillstand. Die allgemeine Unsicherheit und die Verarmung zwangen zur Sparsamkeit. Und verhindert die frohe Geselligkeit. Urkundlich wird die Schützengilde erst 1651 wieder erwähnt, doch dürfte das Vereinsgeschehen nur in sehr bescheidenem Rahmen vor sich gegangen sein, zumal auch das Schießen mit der Armbrust aufhörte.
Fast im ganzen 18. Jahrhundert ruhte dann das Vereinsleben. Am 25. September 126 wurde durch ein Großfeuer etwa drei Viertel der Stadt vernichtet und die Folgen machten sich noch jahrzehntelang bemerkbar.
Anlässlich eines Besuches des Kurfürsten Friedrich in Reutlingen im Jahre 1803 wurde die Schützengesellschaft wieder in Protokollen genannt; sie stellte eine Ehrenwache von 50 Mann. Von nun an erwachte die Schützengilde zu neuem Leben mit einem regelmäßigen Schiessbetrieb. 1853 wurde die Gilde in den Württembergischen Schützenverein aufgenommen. Der Beitritt zum Deutschen Schützenbund erfolgte 1862; gleichzeitig wurde ein Gauverein zusammen mit den Gilden von Eningen, Tübingen, Nürtingen und anderen benachbarten Vereinigungen gegründet. Im Juli 1891 fand in Anwesenheit der Bundesleitung in Reutlingen ein Landesschiessen statt.
Ein neuer Abschnitt begann in den Jahren 1920 und 1922. Im eichenbestandenen Wasenwald wurde Gebäude und Anlagen erstellt, im Oktober 1921 war Richtfest, am 17. September 1922 wurde ein Eröffnungsschiessen abgehalten. Ein lang ersehnter Wunsch der Schützengilde war somit in Erfüllung gegangen.
In den nächsten zehn Jahren stieg die Mitgliederzahl ständig, Schießsport und Geselligkeit weiteten sich aus und das Wirtschaftsgebäude wurde gern von den Bürgern besucht. Dann kamen wieder schwierige Jahre. 1935 wurde die Gilde unter der Bezeichnung „Schützenkameradschaft“ gleichgeschaltet und 1945 wurden die Anlagen von der Besatzungsmacht beschlagnahmt. Fünf Jahre später konnten jedoch das Vereinsleben und der Schießbetrieb wieder voll aufgenommen werden. In den darauffolgenden zehn Jahren erfolgten bauliche Veränderungen, die Schiessanlage wurde durch Umstellung auf automatischen Betrieb modernisiert und auch das Wirtschaftsgebäude mit dem Restaurantbetrieb wurde 1960 erweiter und verschönert.
Die nächste Baumaßnahme zur Erweiterung der Anlage war der Bau des Pistolestandes. Die neue Sportstätte wurde am 19. Und 20. Mai 1978 im Beisein von Behördenvertretern der Stadt Reutlingen sowie der befreundeten Vereinen feierlich in Betrieb genommen.
Gründungszeit der Schützengilde Reutlingen als Schützenverein in Reutlingen
Die geschichtliche Darstellung der Schützengilde Reutlingen und des Reutlinger Schützenwesens zeigt bereits in ihren Anfängen die enge Verbindung der Schützen mit der Stadt. Darüber hinaus spiegeln die vorhandenen Dokumente, Urkunden, Protokolle und Schießscheiben als geschichtliche Zeugnisse ihre Zeit. Die Schützengesellschaften entstanden aus einer öffentlichen Notwendigkeit heraus und dienten auf freiwilliger Basis der Pflege der Wehrhaftigkeit. In Reutlingen lag, wie in anderen Reichsstädten des 12. und 13. Jahrhunderts, die Wehrhoheit bei der Stadt. Dies bedeutet, dass bei dem reichsstädtischen Regiment von Reutlingen die Organisation der Bürgerwehr und der Verteidigung der Stadt über die Zünfte erfolgte. Aus der Notwendigkeit heraus, den Mitgliedern der verschiedenen Zünfte eine gemeinsame Möglichkeit zu geben, sich im Gebrauch der Waffe zu üben, entstand diese Schützenvereinigung. Die Schützenvereinigungen, die sich in allen Reichstädten gebildet haben, entfalteten ein reges Vereinsleben mit Schützenfesten und Preisschießen. Zu solchen Preisschießen wurden dann auch die Schützen der umliegenden Orte sowie die Schützenmeister und Schießgesellschaften anderer Städte eingeladen. Geschossen wurde zuerst mit der Armbrust, später mit Büchsen; man sprach bei Preisschießen sogar von der Zeilbüchse.
Die Stadt Reutlingen, die ihre Gründung auf den Staufenkaiser Friedrich II. zurückführt, bewies nachweislich schon 1247 ihre erfolgreiche Wehrhaftigkeit. Als Landgraf Heinrich Raspe mit seinem Gefolge die Stadt belagerte, konnten die Reutlinger sie durch bewaffneten Einsatz in die Flucht schlagen, Heinrich Raspe hinterließ bei diesem Abzug den Sturmbock, der in die Geschichte der neuen Kirche einging.
Das früheste schriftliche Zeugnis des Schützenwesens in Reutlingen finden wir im ersten Reutlinger Statutenbuch. Diese Ordnung für Armbrust-Schützen der sogenannten Armbrust-Schützengesellschaft wird mit dem Jahre 1290 zugeschrieben und lautet übersetzt wie folgt:
Ordnung für die Armbrustschützen
1. Der Rat der Stadt stellt jeden Sonntag ein paar Hosen zum Herausschießen. Um diesen Preiß zu schießen hat jeder Bürger Berechtigung, der in Reutlingen wohnhaft oder sesshaft ist Andere Preise sind die Clainat. Als solche Kleinode galten kleines Geschirr oder Geräte, die von den Mitgliedern gestiftet wurden.
2. »Ob fremde Schießgesellen teilnehmen dürfen, wird durch Umfrage entschieden«.
3. Mit dem Schießen wird um 11 Uhr begonnen, nicht früher, doch müssen bei Beginn mindestens 12 Schützen zugegen sein.
4. Zuerst wurde um die Reihenfolge des Schießens gewürfelt, nicht gelost, der Stand ist zwischen 120 und 100 Schritten vom Ziel.
5. Um die Hosen durfte nur der schießen, der eine eigene Armbrust besaß, oder eine, die er von der Stadt entlehnt hatte und als fer (sofern) er auch allen Zeug hatte, der zum Schießen gehört. Entlehnt durfte er eine Armbrust nur, wenn die seinige nicht schussbereit oder Armbruster (Büchsenmacher) war.
6. Jeder Schütze musste geloben, das bestmögliche zu leisten und im Besonderen in seinen Leistungen auf keinen anderen Schützen Rücksicht zu nehmen.
7. Beim Schießen um die Hosen waren 12 Schuss vorgeschrieben.
8. Nach Abgabe der Schüsse durfte der Schütze den Stand nicht verlassen, bis das Ergebnis festgestellt war, andernfalls wurde er mit zehn ken sechs Heller bestraft.
9. Die Hosen konnte nur einmal im Jahr gewinnen mag aber doch uss und uss darum schießen. »Wurde er darnach ainest oder mer, oder der best, so soll ihm folgen ein Clainat, als denn die Gesellen hannd; und welcher nach ihm der Best, der hat die Hosen gewonnen«.
10. »Kommt der, welcher dissmahl die Hosen gewinnt, mit einem, der die zuvor gewonnen hat, zu Kampf, so thun sie die Kampfschüsse; gewinnt der erste den Kampfschuss auch, so soll ihm folgen ein Clainat. Kommt ein Gast zu Kampf mit solchen, die zuvor die Hosen gewonnen, so erhält er, wenn er wieder gewinnt und der Beste wird, die Hosen; wo nicht, so werden sie uns auf den nächsten Feyertag aufgehoben. Die anderen Besten erhalten die Clainat«.
11. »Es werden drei aus den Schießgesellen zu Schützenmeistern gewählt mit Treugelübte, diese Ordnung zu handhaben. Diesen hat man in Streitsachen zu folgen. Wer es nicht tut, zahlt das erstemahl 6 hl. Pen in die Büchse, die folgenden Male mehr. Wiedersetzt sich einer der Strafe, so wird es an einen Bürgermeister oder Schultheiß unter den Zunftmeister gebracht. Wer nicht erscheint, wenn die Schützenmeister durch der Gesellschaft Knecht bieten lassen, zahlt auch 6 hl., er wende den onhaftigen (dringenden) Not vor«.
12. »Wer um die Hosen schießt, hebt und legt mit den Schießgesellen, und gibt seine Anzahl an Stuben- und Tennenzins«.
13. »Es soll keiner an dem Tag, wo man um die Hosen schießt, sich in den Test beschießen (Test-vier Kieselsteine als Zeugen neben dem Schützen eingegraben, sich beschießen ist: sich einschießen, im Schießen üben), bei Straf 2 Sch.hl. und Verlust des Rechts, an diesem Tag mit zuschießen. Es soll auch beim Schießen keiner an die Zielstatt zum Teufel laufen, bei 6 hl. Pen«.
14. »Wer schwört, Gott, seine heilige Mutter oder die Heiligen freventlich nennt, oder hies einer den anderen gefährlichen (leichtsinnig) Unwahr sagen, als dick es geschieht (so arg dies geschieht) gibt er 6 hl. In die Büchse. Wollte einer sehr übel schwören oder einen misshandeln, das gehört vor den Rat«.
Diese Schießordnung zeigt in allen Teilen eine straffe Organisation der damaligen Schützengesellschaft; die Schießzeit ist genau geregelt und nimmt auf Familien und Kirche gebührend Rücksicht. Selbst der Ablauf des Schießens unterliegt einer strengen Ordnung, wobei die Rechte und Pflichten des Schützen genau dargestellt und Strafen für Widrigkeiten in empfindlicher Höhe festgelegt sind.
Die Bedeutung der Schießordnung liegt jedoch nicht nur allein darin, dass sie über die Entstehung der Reutlinger Schützengesellschaft und über das Brauchtum und die Organisation Aufschluss gibt, sondern auch darüber, dass die damaligen Schützengesellschaften eine absolut freiwillige Vereinigung mit demokratischen Regeln darstellt. Im gesamten zeigt diese Schießordnung mit den Anordnungen, Richtlinien und Strafen den hohen sozialen Stand der damaligen Zeit.
Bezog sich die erste Schießordnung noch auf die Armbrust so finden wir aus dem Jahre 1450 die sogenannte Büchsenschießordnung. Diese Schießordnung lehnt sich sehr stark an die Schießordnung der Armbrustschützen an, indem verschiedene Punkte direkt übernommen werden, andere abgeändert und die Regel auf Büchsen ausgerichtet ist. Strafen werden nicht mehr in Heller sondern in Pfennig genannt.
Wie in der Armbrust-Schießordnung genannt, stiftet die Stadt Reutlingen auch beim Büchsenschießen die bekannte, obligatorische linnene Hose sowie andere Schießpreise.
15. und 16. Jahrhundert
Genauere Daten über das Schützenwesen der Stadt Reutlingen finden wir erst wieder Ende des 15. Und Anfang des 16. Jahrhunderts. In dieser Zeit begannen die Schützenfeste und Veranstaltungen, an denen sich auch Schützen aus anderen Städten beteiligen durften und bei denen es auch beträchtliche Summen zu gewinnen gab. Man kann hier von einer Blütezeit des Reutlinger Schützenwesens sprechen.
Die Akten berichten aus dem Jahre 1469, dass ein Armbruster Hans Grimminger in Reutlingen vom Armbrustmachen lebte. Diese Tatsache beweist den Bedarf an dieser Waffe, die somit noch neben dem Büchsenschießen für den Schießsport genutzt wurde.
Den erste Bericht über Kontakte zu außerhalb liegenden Schützengesellschaften lesen wir im Ulmer Archiv vom Jahre 1493, in dem es heißt: Zu einem solchen Kurzweil und Abenteuer nach Landshut wurde1493 durch Ulm auch Reutlingen eingeladen. Diese Aussage weist auf eine Einladung zu einem Landshuter Schützenfest. Bei diesen Schützenfesten trafen sich zum Teil umfangreiche Delegationen aus nah und fern zu den Wettbewerben und auch Vergnügungen außerhalb der Schießstätten. Die Ladebriefe zu den Schießen gaben die genauen Teilnahme- und Durchführungsbedingungen bekannt. Meist waren die Zirkel (Trefferpunkte) und der Schuh (Längenmaß) zum Abstecken der Entfernungen angegeben, ebenso die Modalitäten der einzelnen Schießen, die Gewinne und das Startgeld aufgeführt.Ein Ladeschreiben der Straßburger Schützen ist erhalten, das nach Form und Inhaltbeachtenswert ist.
Die untere Hälfte des Blattes enthält einen Kreis von 13,8 cm Durchmesser als Größenangabe für das Zentrum der Zielscheibe. Darüber liegt quer ein Spruchband (ca. 18,5 cm lang) mit der Aufschrift Länge des Werkschuhs, aus dem dann die Schußdistanz errechnet werden konnte. Bei dem Armbrustwettbewerb betrug der Abstand vom Ziel 300 Werkschuh (ca. 85,5 m), der Abstand vom Ziel bei den Büchsen betrug 670 Werkschuh, somit ca. 191 m. Die Schirmherrschaft der Schützenfeste übernahmen die Städte bzw. Fürsten und Landesherren.
Wie angesehen die Reutlinger Schützen waren, zeigten die vielen noch vorhandenen Einladungen. Die Entfernungen waren also beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, wie schwer die damaligen Waffen waren und die Schießbedingungen mit freischwebendem Arm vorschrieb.
Im Reutlinger Stadtarchiv finden wir aus dem Jahre 1500 ein Schreiben der Esslinger Büchsenschützen an Reutlingen mit der Aufforderung zu einem Gegenbesuch. Aus diesem Schreiben müssen wir schließen, dass bereits vor 1500 eine freundschaftliche Begegnung der Schützen der freien Reichsstädte und Esslingen stattfand.
Am 6. Mai 1503 lud Erzbischof Berthold von Mainz, ein geborener Graf von Henneberg, die Reutlinger ein zu »eyn freundlich gemein Schießen in Mainz am Sonntag nach unser Frauen Tag (19. August) «, bei welchem »das Best« für Armbrust- und danach für Büchsenschützen je 55 Gulden war.
Aus Heidelberg liegt aus dem Jahre 1513 eine Einladung von Ludwig Kurfürst, Pfalzgraf bei Rhein vor, die wie folgt beginnt: »Den wohlgeborenen, edlen, strengen und besten , fürsichtigen , ehrsamen und weysen Bürgermeistern und Rat der Statt Reytlingen auch Schützenmeistern und gemeinen Schießgesellen der Handbuchsen..«
Ein Schießbüchlein der Büchsenschützen für ein Preisschießen in Reutlingen trägt das Datum 16. Oktober 1522 und weist Teilnehmer aus der näheren Umgebung und weiter entfernten Städte aus. So werden in dem Schießbüchlein aus folgenden Gemeinden und Städten der näheren und weiteren Umgebung genannt: Urach, Willmandingen, Genkingen, Undingen, Münsingen, Gächingen, Dapfen, Zainingen, Neuffen, Metzingen, Gmünd, Mittelstadt, Dottingen, Pliezhausen, Oberhausen, Unterhausen, Dettingen, Hohenberg, Rottenburg, Schömberg, Horb, Haigerloch, Leonberg, Ettlingen, Warmbronn, Esslingen, Stuttgart, Bernhausen, Brakenheim, Tübingen, Derendingen, Pfrondorf, Mössingen, Talheim, Walddorf, Gniebel, Nürtingen, Neckartenzlingen, Calw, Herrenberg, Pfullingen, Zwiefalten, Riedlingen und Eichenloch. Von den Reutlinger Schützen werden unter anderem Michael Hummel, Jakob Rogkenstil und Joachim Gretzinger genannt.
Die Einladung der Stadt Ingolstadt aus dem Jahre 1521 an die Reutlinger Schützen weist als Preis für das »Best« 50 rheinische Gulden in Gold aus. Auch waren im aufgestellten »Glückshafen« (eine Art Lotterie) bei einem Einsatz von einem Kreuzer Gewinne zu erreichen von 1 bis 25 Gulden.
Aus den vorliegenden Unterlagen wissen wir, dass die Reutlinger Schützen in der folgenden Zeit laufend an auswärtingen Schießen teilnahmen, so unter anderem 1535 in Regensburg, 1549 in Hechingen und 1549 wieder in Landshut.
Mit Datum von 5. August 1555 laden Reutlinger Schützen, gezeichnet vom Bürgermeister und dem Stadtschreiber, zu einem geselligen Schießen ein. Die Gäste wurden gebeten, am Abend des 20. September 1555 (die heutige Berechnung ergibt einen Freitag) bei der Herberge und am anderen Morgen an der Zielstatt zu erscheinen. Hier wird als Vorschießen um das in Reutlingen bekannte »ein lindisch paar Hosen« geschossen. Das eigentliche Preisschießen fand dann am Sontag statt. Das »Best« hier betrug 25 Gulden »in gemeiner Landeswertung«. Auch diese Einladung nennt Austragungsmodus, Entfernung, Preise und wer das, heute würde man sagen – Kampfgericht darstellt.
So wie 1555 von Reutlingen ein Schießen veranstaltet wurde, fand 1556 in Ulm ebenfalls ein Zielbüchsen-schießen mit dem Best von 50 Gulden statt.
Beim Schützenfest 1560 in Stuttgart – es war eines der größten in jenem Jahrhundert –war das Best sogar ein gemästeter Ochse mit vergoldeten Hörnern und einer Decke aus Taft.
Die Schützenmeister von Trochtelfingen luden am 26. August 1554 zu dem uns bekannten Büchsen-schießen mit 10 Gulden nach Trochtelfingen ein.
Beim Betrachten dieser Einladungen erkennen wir heute, was das Schützenwesen in der Gesellschaft damals bedeutete und was die Teilnehmer solcher Veranstaltungen mit der weiten Reise auf sich nahmen. Die Reise der Reutlinger Schützen, z.B. nach Landshut, Mainz, Ulm, Ingolstadt, Regensburg und Worms, dauerten bei den damaligen Verkehrsbedingungen ein bis zwei Tage und manchmal auch mehr. Das Best, bestehend aus wertvollen Sachpreisen und hohen Beträgen bis zu 150 Gulden, entschädigte jedoch dann bei vielen den entsprechenden Aufwand. Der Schützenmeister und spätere Amtsbürgermeister von Reutlingen, Michel Fizion, gewann laut seiner Familienchronik bei einem solchen auswärtigen Preisschießen 25 Gulden und gründete mit diesem Geld seinen Hausstand. Der Wert des Geldes jener Zeit ist heute erst zu erfassen, wenn man weiß, dass ein Haus in der mittleren Wilhelmstraße damals um 400 Gulden seinen Besitzer wechselte.
Da zu dieser Zeit in Reutlingen mit Armbrust und Büchse geschossen wurde, bestanden hier zwei Schützen-plätze. Das »obere Schützenhaus« für Büchsenschützen auf der oberen Bleiche, das Schützenhaus auf der unteren Bleiche, heutiger Listplatz, diente den Armbrustschützen. Später sollen die Armbrustschützen in der Nähe des Gartentores ihr Domizil aufgeschlagen haben. Auf der Stadtansicht von Ditzinger (1620) ist im Osten der Stadt an der Echaz ein Schießstand dargestellt.
17. bis 19. Jahrhundert
In der Zeit von 1648 bis 1823 befand sich der Schießplatz in der Nähe des heutigen Frankonenwegs und der Friedrich-Ebert-Straße. Dass ein Schützenhaus über 170 Jahre lang an ein und demselben Platz stehen konnte, setzte natürlich auch einen entsprechenden Unterhalt voraus. So finden wir 1684 einen Antrag der Schützen an die Stadt, den Hauseigentümer, das »ziemlich in Abgang gekommene Schützenhaus« wieder zu reparieren. Es dürfte dann wohl auch auf Kosten der Stadt repariert worden sein.
Aus dem 18. Jahrhundert ist uns über die Reutlinger Schützen wenig bekannt. Der Brand von Reutlingen im September 1726 brachte für die Bürger andere Sorgen und Nöte.
Auf Grund eines Berichtes über den Besuch von Kurfürst Friedrich im Jahre 1803 erfahren wir wieder etwas über die Schützen, indem es in einer Bemerkung heißt: »An der Stadtmarkung, näher gegen die Stadt, stand die Bürgerliche Schützengesellschaft ca. 50 Mann stark, welche nach Überreichung eines Gedichtes mit ihren Gewehren zu Fuß hinter dem Wagen herzog und für diesen Tag die Ehrenwache bildete«.
1823 siedelten die Reutlinger Schützen von dem vorher genannten Schießplatz auf die Rennwiese über. Das bisherige alte Schützenhaus wurde von der Stadt Reutlingen als Spital für Gewerbegehilfen und Dienstboten eingerichtet. Auf der Rennwiese fand auch 1841 das Schießen anlässlich des 25-jährigen Jubiläums von König Wilhelm am 31. Oktober statt.
Ab dem Jahre 1852 besitzen wir ein Protokollbuch, in dem das Schützenleben, das sich im Prinzip zu dem heutigen nicht viel unterscheidet, dargestellt ist. So wird zu Beispiel 1852 in einer Plenarversammlung beschlossen, dass das Rauchen auf der Schießstätte (selbst aus geschlossener Pfeife) bei 15 Kreutzer Strafe verboten ist – dieser Beschluss ist bis zum Heute nicht aufgehoben, wird jedoch nicht immer befolgt.
Die Schützengilde Reutlingen tritt 1853 dem Württembergischen Landesschützenverein bei; 33 Mitglieder der Schützengilde bestätigen den Erhalt der Aufnahmeurkunde.
1854 gibt es 60 Mitglieder, 55 Mitglieder geben bei der Generalversammlung ihre Stimme ab.
Dem Beitritt zu Deutschen Schützenbund beschließen die Mitglieder in der Plenarsitzung vom 14. Januar 1862 und bewilligen gleichzeitig einen Zuschuss von 5 Gulden für die Bundesfahne des Deutschen Schützenbundes.
Das Protokollbuch nennt Vorgänge, die auf ein sehr aktives Vereinsleben hinweisen. So werden zu dem sogenannten »Hauptschiessen« die Mitglieder aus Eningen, Metzingen, Nürtingen, Rottenburg und Tübingen geladen. Zu einem Schießen in Wien am 6. April werden 4 württembergische Dukaten als Ehrengabe bewilligt. Die Schießstätte wird mit Hilfe der Stadt Reutlingen umgebaut und das neue Schützenhaus eingeweiht. Am Ende eines Jahres findet – zusammen mit einem Gartenschiessen – an Martini ein Gansessen stat.
Aus dem Landesschreiben wissen wir, dass das Ziel für das Preisschießen in der Regel eine schwarze, kreisförmige Scheibe war. Wann in Reutlingen mit dem Beschießen von bemalten Scheiben begonnen wurde, ist nicht bekannt. Die überlieferten Schießscheiben zeigen in volkstümlicher Malkunst heitere und ernste Themen z. B. aus dem Vereinsleben, aus Kriegs- und Friedenszeiten, Hochzeitspaare, Stadtansichten sowie Familienwappen.
In den Jahren 1870 und 1871 stellt die Gilde ihr Schießhaus für Sanitätszwecke zur Verfügung, es wird jedoch als solches nicht genutzt. 1871 findet am 21. Mai ein Friedensschießen statt, das unter Mitwirkung der Stadtkapelle mit einem festlichen Abendessen abschließt Der Speisezettel enthält die Gerichte: Suppe, Schlachtbraten mit Kartoffeln und gerösteten Spätzchen, Pudding, Kalbsbraten mit Kopfsalat und Ei und als Nachtisch Gußtorte; und das Ganze zu einem Preis von 48 Kreutzer.
Im ganzen gesehen verlief das Leben der Schützengilde Reutlingen im 19. Jahrhundert sehr aktiv mit Beteiligungen an Freundschaftschießen, Gauschießen und Landesschießen, wobei die Mitgliederzahl sehr schwankend und oft von der Zusammensetzung der Personen abhängig war.
Für die Reutlinger das größte schießsportliche Ereignis des 19. Jahrhunderts war das 13. Württembergische Landesschießen in Reutlingen. Im Juli 1891 fand unter der Mitwirkung von über 400 Schützen aus dem gesamten württembergischen Land das 3 Tage dauernde Fest statt, das die gesamte Stadt Reutlingen in Anspruch nahm und für die Schützengilde ein fast tragisches Ende nahm. Das Programm umfasste außer dem Schießen einen Festzug, Volksbelustigungen und »Conzert« auf dem Festplatz, Festspiele in der Bundeshalle, italienische Nacht auf Silbers Bierkeller, Gesangsvortrag der Vereine und Ausflug nach der festlichen beleuchteten Nebelhöhle. Die Festkarte zu der Veranstaltung beinhaltete den Hinweis »Der Festplatz ist jeden Abend electrisch beleuchte.«
So bedeutend dieses Fest war, für die Schützengilde hatte es tragische Folgen. Auf einer Wiese in der Nähe der Strasse nach Gönningen traf eine verirrte Kugel vom Probeschießen des Landesschießen troz der großen Entfernung den Färber Weckler und verletzte ihn. Die genaue Ursache und der Hergang wurde von einer Kommision genauestens untersucht und überprüft.
Die Kommision untersagte nach dem Landesschießen bis auf weiteres den Schießbetrieb auf der Anlage der Reutlinger Anlage; und so wae es nicht verwunderlich, daß die Schützengilde mangels Schießstätte langsam aber sicher die Mitglieder verlor, zudem der Färber Weckler eine Privatklage gegen die Schützengilde Reutlingen und den Oberschützenmeister Elwert anstrebte. Die großen Bemühungen von Oberschützenmeister Elwert, die Schützengilde zu retten, schlugen fehl – 1907 löste sich die Schützengilde auf und übergab die Akten, bestehen aus Protokollbüchern und Kassenbüchern, satzungsgemäß der Stadt Reutlingen.
Wiederbeginn der Schützengilde Reutlingen nach 1920
Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges erinerten sich die früheren Gildemitglieder wieder ihrer einstigen, so abrupt unterbrochenen Aktivität, und sie baten die Stadt um Übergabe der Kassette mit den alten Protokoll- und Kassenbüchern. Diesem Wunsch wurde in einer nicht öffentlichen Gemeinderatsitzung, unter Leitung von Bürgermeister Hepp, am 19. Mai 1920 entsprochen – einem neuen Leben der Gilde stand somit nichts mehr im Wege.
Schon am 1. Juni 1920 konnte Albert Pfitzenmeier 47 Mitglieder eintragen. Die erste Mitgliederversammlung der neu entstandenen Gilde wählte am 12. Juli 1920 als ersten Oberschützenmeister Richard Ammer. Die damaligen Schützenmeister waren Hermann Bühl, Gustav Wünsch, der Schriftführer Eugen Lachenmann.
Als die wichtigste Aufgabe stellte sich die Gilde den Bau des heutigen Schützenhauses im Wasenwald. Die Finanzierung erfolgte über Anteilscheine und großzugügiges Engagement der Reutlinger Industrie. Der Kostevoranschlag betrug für die Schießhalle 120.000 Mark, für die Wirtschaft 240.000 Mark und für den Saal 120.000 Mark. Da ein Saal für die Ausführung des Schießbetriebes nicht unbedingt notwendig war,stellte man den Bau des Saals zurück. Bereits am 23. Oktober 1921 fand das Richtfest des von Oberamtsbaumeister im Beisein von Oberbürgermeister Hepp statt.Trotz der fortschreitenden Geldentwertung, gelang es das Bauvorhaben wie geplant zu Ende zu führen, so daß am 17. September 1922 das Eröffnungsschießen durchgeführt werden konnte.
Die Schützengilde Reutlingen besaß nun ein eigenes Schützenhaus, wärend die früheren Schießanlageen städtisch waren und von der Gilde nur benutzt werden durfte.
Was der Bau des Schützenhauses damals tatsächlich für eine Entscheidung war, kann man bei nachträglicher Darstellung der Leistung und auch Kuriositäten beurteilen: Die Gesamtabrechnung des Baues, bestehend aus Gaststätte und Schießanlage, betrug 2.600.000 Mark, der Beitrag im Juli 1923 für einen Schützen 10.000 Mark und im August schon 30.000 Mark. Die Kostenentwicklung, die Inflation, hatte jedoch auch andere Seiten, denn wie aus einem Protokollbuch zu ersehen ist, wurde am 16. März 1923 der Beschluß gefasst, dass drei noch vorhandene Eimer Auensteiner Wein (1 Eimer = 300 Liter) so verkauft werden, dass sämtliche Schulden, einschliesslich Sparkassen-Hypothek, getilgt werden konnten.
Der rege Schießbetrieb wie auch der große Zuspruch der Wald- und Vesperwirtschaft »Schützenhaus« veranlaßte die Gilde 1924 zum Bau von drei weiteren Schießständen und eines Schützenzimmers, den heutigen Saal.
Die Fahnenweihe der heutigen Schützenfahne der Gilde Reutlingen fand am 11. April 1926 unter der Patenschaft der Schützengilde Göppingen statt.
Das 31. Württembergische Landesschießen zeigt die damalige gesellschaftliche Stellung des Schützenwesens im allgemeinen und besonders der Schützengilde Reutlingen mit ihren damals ca. 300 Mitgliedern. Das mehrere Tage dauernde Fest begann mit einem historischen Umzug, an dem sich über 50 Gruppen und Vereine beteiligten. Der Zug führte durch die Innestadt bis zur Rennwiese. Im allgemeinen war dieses Landesschießen ein Volksfest mit Achterbahn, Schleuderbahn, elektrischem Karusell, Schießbuden, Raubtierschau, Kasperle- Theater, und dies alles auf dem Markwasenvor dem Schützenhaus Reutlingen.
Das eigenständige Leben der Gilde wurde allerdings erschwert, als sie im Jahre 1935 unter der Bezeichnung »Schützenkameradschaft« mit den Vereinen Zimmerschützengesellschaft und Kriegerkameradschaft gleichgeschaltet wurde. Schließlich brachte nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 die Beschlagnahmung des Reutlinger Schützenhauses durch die Besatzungsmacht die Betätigung der Gilde für mehrere Jahre zum Erliegen.
Die Geschichte des »Eninger Bechers«
Als nach dem Unfall beim Landesschießen 1891 der Schießbetrieb auf der städtischen Anlage in Reutlingen untersagt war, trafen sich die Reutlinger Schützen immer mehr bei der befreundeten Schützengilde Eningen. Für die Eninger Schützengilde bedeutete dies zuerst ein Zuwachs an Mitgliedern, führte mit der Zeit jedoch wegen den »Reutlingern« zum Ausscheiden vieler Eninger Bürger. Der Wiederbeginn der Schützengilde Reutlingen 1920 hatte dann zur Folge, daß die frühere Aktivität der Schützengilde Eningen so weit zurückging, daß sie sich 1931 auflöste. In der letzten Plenarversammlung der Eninger Schützengilde am 28. März 1938 beschlossen die verbliebenen Mitglieder die Auflösung der Gilde und das Vermögen der Gemeinde Eningen und der Schützengilde Reutlingen je zur Hälfte für eine Stiftung übergeben. Der an die Schützengilde Reutlingen übergebene Stiftungsbetrag in Höhe von 2100 RM (Reichsmark) war fest anzulegen. Vom Zins mußte in einem Preisschießen mit der Bezeichnung »Eninger Stiftungsschießen« der erste Preis bezahlt werden. Dieser Preis ist der sogenannte Eninger Becher mit der Inschrift »Eninger Erinnerungsschießen«. Er wird heute noch alljährlich beim Herbstschießen der Schützengilde Reutlingen geschossen.
War es früher ein silberener Becher, der zu gewinnen war, ist es heute, nachdem das Stiftungsvermögen fehlt, ein Zinnbecher mit entsprechender Gravur und Inschrift. Den ersten Eninger Becher gewann beim ersten Eninger Erinnerungsschießen am Sonntag, dem 4. September 1932, E. Diez.
Zweiter Wiederbeginn der Schützengilde Reutlingen
Nach Ende der Beschlagnahmung des Schützenhauses fand 1951 unter dem Oberschützenmeister der letzten Kriegsjahre, Friedrich Haage, am 19. April die Wiedergründungsversammlung der Schützengilde Reutlingen statt. Als Hauptaufgabe stellte sich die Gilde damals unter anderem den Wiederaufbau einer ordentlichen Gastronomie und die Renovierung der Schießanlage.
Durch die Ereignisse der Jahr zwischen 1933 und 1945 sah ein Großteil der Bevölkerung im Schießsport mehr das millitärische Element als die sportliche Herausforderung in all der schießsportlichen Vielfalt. Aus diesem Grund zeigten die Gildemitglieder ihr Engagement im Sport und durch entsprechenden Einsatz bei der Renovierung des Schützenhauses.
So konnte am 22. Juni 1952 mit dem Übungsschießen auf der Schießanlage begonnen werden. Das erste Herbstschießen fand dann am 19. Oktober 1952 statt. Geschossen wurde mit Luftgewehren, Zimmerstutzen, Kleinkalibergewehren und auf die Distanz von 175 Meter mit der Scheibenbüchse. Die Ehrenpreise zu diesem Herbstschießen wurden wie früher von den Mitgliedern gestiftet.
Der erste Schützenkönig nach der Wiedergründung wurde 1953 der damaligen Jungschütze Siegfried Wurster. Bei der ersten Bezirksmeisterschaft des Bezirks Neckar (Gründung 20.07.1952) wurde die Luftgewehrmannschaft der Schützengilde mit 174 von 200 möglichen Ringen Bezirksmeister.
Im Gegensatz zu früher, wo die Schützengilde eine reine Domäne der Männer war – Frauen konnten nur an gesellschaftlichen Veranstalltungen teilnehmen – änderte sich dieser Sachverhalt im Zuge dieses Wiederbeginns und der Schießsport stand bei der Gilde auch den Damen offen.
Schon 1955 stellte die Schützengilde Reutlingen mit der jungen Christel Piel (Christel Wurster) die Landesmeisterin im Luftgewehr und 1959 mit Brigitte Riedlinger (Brigitte Grüninger) die Landesmeisterin der Damen mit dem Zimmerstutzen, die diesen Titel auch 1966 mit dem Kleinkalibergewehr auf 100 Meter errang.
Selbst beim Wettbewerb um die Ehre des Schützenkönigs stellten die Damen »ihren Mann«. So wurde Brigitte Riedlinger 1963 Schützenkönigin der Gilde.
Die sportlichen Erfolge der Gildeschützen waren erfreulich, zudem der Erfolg sich nicht nur auf eine Person bzw. eine Disziplin bezog. Nachdem Peter Muth 1966 Landesmeister im Luftgewehr wurde und sich 1967 den Landesmeister im English Match und Kleinkaliber erkämpfte, stand er 1968 als Deutscher Juniorenmeister im Luftgewehr auf dem Siegerpodest.
Aber nicht nur die Jungen zeichneten sich aus – im selben Jahr (1968) konnten die Altersschützen der Schützengilde Reutlingen mit den Schützen Helmut Deuschle, Robert Eisenlohr und Adolf Riedlinger im Bundesvereins-Fernwettkampf ebenfalls den Mannschaftssieger stellen.
Die Siegerlisten der Meisterschaften führen wieder die Namen von Schützen der Gilde, und dies zum Teil mit beachtlichen Rekorden, die über mehrere Jahre hinweg Bestand haben. So erreichte Helga Zinser in der Damenaltersklasse 1978 mit neuem Landesrekord von 357 von 400 Ringen den 1. Platz bei der Landesmeisterschaft.
In den Jahren 1981, 1982 und 1983 brachte wieder eine junge Dame der Schützengilde Reutlingen Siegertitel nach Reutlingen. Katrin Herrmann durfte sich drei Jahre nacheinander Landesmeisterin im English Match der Juniorenklasse nennen und errang 1981 bei der Deutschen Meisterschaft die Bonze- und 1982 die Silbermedalie.
Waren die bisherigen Erfolge der Damen bei den Langwaffen zu verzeichnen, so errang Ingrid Trissler in den noch mehr den Männern vorbehaltenen Disziplinen der Luftpistole und der Sportpistole 1988 den Titel der Landeswmeisterin in der Damenklasse.
Die Darstellung der sportlichen Erfolge neben den nicht aufgeführten Meistertiteln soll zeigen, das die Schützengilde Reutlingen im Bereich des gesamten Schießsports in aller Alterstufen, Klassen und Disziplinen breitgefächert als sportausführender Verein seine Aufgabe sieht.
Diese sportlichen Erfolge konnten jedoch nicht auf den alten, bestehenden Anlagen erreicht werden. Nach der ersten Renovierung 1951 folgte 1955 die Einrichtung von drei Winterschießbahnen für Luftgewehr und bei den Kleinkaliber-Schießständen die Umstellung auf Automatikbetrieb.
Als im Dezember 1972 die für die Schießstandsicherheit zuständige Aufsichtsbehörde die Anlage der Gilde besuchte, kam das große Erwachen – der Schießbetrieb mit Zimmerstutzen, Klein- selbstverständlich auch Großkaliber wurde ab sofort wegen mangelnder Sicherheit untersagt. Was war geschehen? Die früheren Abnahmen erfolgten immer im Sommer, und da tragen die Bäume und Sträucher Blätter, die die Sicht auf die gefärdeten Bereiche verhindern. Jetzt im Dezember erkannte man, das von den Schießständen aus der am Schützenhaus vorbeiführende Weg sowie der Trimmpfad voll einzusehen ist und Spaziergänger eventuell gefährdet werden.
Jetzt gab es für die Gilde nur noch zwei Möglichkeiten: Bauen und die Schützengilde erhalten oder nicht bauen und dann? Letzteres wäre ein Frevel und ein Zeichen von Schwäche gewesen, und so bewies die Gilde wieder die schon oft dargestellte Einheit. Ständige freiwillige Arbeitseinsätze der Mitglieder ermöglichten 1973 den Umbau – besser gesagt – den Neubau der Gewehrschießanlage. Der sportliche Schießbetrieb konnte wärend dieser Zeit bei befreundeten Reutlinger Nachbarvereinen durchgeführt werden. Das Eröffnungsschießen der neuen Anlage fand mit dem Sommerschießen am 22. und 23. Juni 1974 statt.
Die nächste Baumaßnahme zur Erweiterung der Anlage war der Bau des Pistolestandes hinter dem 100-Meter-Stand. Der Versuch eine wirtschaftliche und wie überall übliche offene Pistolenschießanlage genehmigt zu bekommen, schlug aus imissionstechnischen Gründen (sprich Lärm) fehl; es war eine Pistolenhalle zu erstellen.Heute zeigt es sich, daß diese Entscheidung richtig und für die Zukunft das Sicherste war. Nach einer erbrachten Eigenleistung derf Mitglieder von über 6000 Stunden konnte die Einweihung dieser neuen Sportstätte am 19. Und 20. Mai 1978 im Beisein von Behördenvertretern der Stadt Reutlingen sowie der befreundeten Vereinen gefeiert werden.
Die Standkapazität der Schützengilde umfaßt heute 11 Freiluftgewehrstände im Untergeschoß, 6 Luftgewehrstände in der Winterschießbahn, 3 Luftgewehrstände in der Schießhalle, 7 Kleinkaliberstände 50 Meter, 2 Kleinkaliberstände 100 Meter,3 Zimmerstutzenschießstände, 1 Pistolenstand bestehend aus 2 x 5 25-Meter-Bahnen, wobei eine Hälfte für Trainingszwecke zum Luftpistolenschießen umrüstbar ist.
Die Gastronomie
Die bis jetzt noch nicht genannte Gastronomie befindet sich heute auch nicht mehr auf dem Stand von 1951. Mehrere Umbauten, Renovierungen und Erweiterungen sorgten dafür, daß das 1922 unter Opfern und Einsatz der früheren Gildemitglieder erbaute Reutlinger Schützenhaus den heutigen Anforderungen entspricht.
Der Anbau des neuen Nebenzimmers mit neuer Küche, der Neubau der Gildestube, das mehrfach Umgestallten der Gastronomieräume und der Toiletten, die Anpassung der Küche mit den Vorratsräumen an die jeweiligen Auflagen der Behörden sowie die generelle Sanierung und Instandhaltung des Gebäudes vom Keller bis zum Dach einschließlich der elektrischen und Sanitären Ausstattung verlangte von den Gildemitgliedern wie immer viel persönliches und finanzelles Engagement. Das die genannten Baumaßnahmen und Sanierungen in dieser Größenordnung durchführbar waren, zeigt von den Oberschützenmeistern mit ihren verantwortlichen Schatzmeistern wahre Meisterleistungen in der Finanzierung und in der Beschaffung von Spenden, denn ohne diese wäre der Erhalt eines solchen Anwesens nicht möglich gewesen.
Die freiwillige Vereinigung, die einst zum Üben mit einer Waffe, zum Schutz der Stadt Reutlingen begann, behauptet sich heute als die Schützengilde Reutlingen, deren Mitglieder sich der Pflege der Geselligkeit und auf dem Gebiet des Schießsports die Förderung der Jugend, des Freizeitsports und des Leistungssports zur Aufgabe machen.